Knötchen bis Kropf - was tun, wenn der Schilddrüse die Kraft ausgeht?

Beste Sicht: Chefarzt Dr. Christoph Ulmer setzt bei Operationen an feinen Strukturen seine Lupenbrille auf. © RMK

In der Rems-Murr-Klinik Schorndorf kümmern sich Spezialisten um Störungen der menschlichen Energiezentrale / Neue Vernetzung mit dem Deutschen Schilddrüsenzentrum
Schorndorf. Herz, Lunge, Muskeln – daran denken wir automatisch, wenn wir im Alltag fit sein wollen. Dr. Christoph Ulmer schaut sich noch ein ganz anderes, so unscheinbares wie wichtiges Organ an, das im Stoffwechsel den Schalter auf „An“ oder „Aus“ stellt: Es ist die Schilddrüse, um deren Gesundheit sich der Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie mit seinem Team kümmert. „Denn die Schilddrüse wirkt sich über ihre Hormone, die sie produziert, auf fast alle Entwicklungs-, Wachstums- und Stoffwechselprozesse im Körper aus“, so Dr. Ulmer.

Entsprechend komplex sind Ursachenforschung und Problemlösung bei Erkrankungen der Schilddrüse. Um eine sichere Diagnose zu stellen, die richtige Therapie auszuwählen und das Power-Organ Schilddrüse unter Schonung benachbarter Nerven und Halsschlagadern zu operieren, braucht es daher erfahrene Ärzte, ein gutes Team und idealerweise ein tragfähiges Netzwerk an Experten aus nah und fern. Deshalb freut sich Chefarzt Dr. Ulmer, dass seine Schorndorfer Fachklinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie nun ins Deutsche Schilddrüsenzentrum aufgenommen wurde und vom bundesweiten Austausch rund um die Diagnostik und Therapie von Schilddrüsenproblemen profitieren kann.

Ob Schluckbeschwerden, anhaltende Nervosität, Autoimmunerkrankung oder auch ungewollte Kinderlosigkeit – all diese Anzeichen und noch einige mehr deuten darauf, dass die Schilddrüse nicht mehr gut funktioniert. Schuld können unter anderen Veränderungen in der Struktur des Drüsengewebes sein: harmlose Knötchen, ein massiver Kropf oder schlimmstenfalls gefährliche Karzinome. Letztere seien in der Schilddrüse zum Glück selten, beruhigt Dr. Ulmer, der für die Hausärzte und die niedergelassenen Fachärzte im Rems-Murr-Kreis ein gefragter Sparringspartner ist, wenn sie Menschen mit Verdacht auf Schilddrüsenprobleme betreuen.

„Der klassische Fall ist, dass der Hausarzt als erster bemerkt, wenn mit der Schilddrüse etwas nicht stimmt. Das kann etwa beim Routine-Checkup der Blutwerte auffallen und bestätigt sich anschließend im Ultraschall“, so Ulmer. „Danach kann es außerdem sinnvoll sein, noch per Szintigrafie abzuklären, ob irgendwo ein akut gefährlicher Krankheitsherd sitzt.“ Bei dieser Methode spritzt ein nuklearmedizinischer Facharzt eine schwach radioaktive Substanz ins Blut, die von der Schilddrüse aufgenommen wird und sich vor allem an Orten mit krankhaft erhöhter Stoffwechselaktivität, etwa einem Tumor, ablagert.

In der Schorndorfer Klinik sammelt Dr. Ulmer alle Indizien aus individuellem Beschwerdebild, Blutwerten, Ultraschall und gegebenenfalls einer Szintigrafie, die auf Strukturauffälligkeiten deuten und somit ein Fall für den Chirurgen sind. Nun geht die Spurensuche für ihn weiter: „Ist der Knoten tatsächlich böse oder nicht? Sollten wir eine Zyste beobachten? Wo müssen wir operieren, wo nicht?“, zählt Dr. Ulmer typische Fragestellungen auf. „Um Antworten zu finden, beurteilen wir einen Knoten in der Schilddrüse nach einer Standard-Graduierung von 1 bis 5, vergleichbar zum Beispiel bei der Beurteilung eines Knotens in der Brust.“

Die Antworten auf diese Fragen sind bei der Schilddrüse seltener schwarz-weiß als bei anderen Organen, entsprechend schwierig ist die schlussendliche Beurteilung, ob ein Knoten tatsächlich bösartig ist und entfernt werden muss. „Das liegt daran, dass Veränderungen der Zellmorphologie bei der Schilddrüse nicht so eindeutig sind“, sagt Ulmer, der im Zweifel zur Punktion rät, um eine Gewebeprobe untersuchen zu können. „Das erledigen wir in der Klinik ambulant, es geht schnell und ist noch weniger schmerzhaft als Blutabnehmen.“

Je nach Befund wählt der Arzt die Mittel, mit denen er die Krankheit am besten heilen kann. Von Beobachten über Bestrahlen bis Entfernen reicht das Spektrum. Geht es ums Entfernen, steht erneut die Entscheidung an, welche Methode sich eignet. „Ob wir im Bereich der Schilddrüse minimalinvasiv operieren können, also mit sehr kleinen Schnitten, hängt unter anderem vom Umfang des Eingriffs ab. Um etwa einen großen Kropf sicher zu entfernen, der sich bis hinter das Brustbein entwickelt hat, muss der Schnitt größer sein. Denn als Chirurgen streben wir zuallererst die sichere Operation an“, sagt Dr. Ulmer.

Zusätzliche Sicherheit schafft bei Eingriffen an der Schilddrüse ein spezielles Stimmband-Monitoring, welches in der Schorndorfer Klinik mit entwickelt und erprobt wurde: Dabei überwacht das Team kontinuierlich während laufender OP den Schutz der nahe am Operationsgebiet Schilddrüse verlaufenden Stimmbandnerven. „Das Risiko, diesen zu verletzen, reduzieren wir dadurch drastisch. Wie effektiv diese Überwachung ist, konnten wir vor zwei Jahren in einer Studie zeigen“, so Dr. Ulmer. „Dieses spezielle kontinuierliche Neuromonitoring funktioniert ähnlich einer Einparkhilfe: Man kann eine mögliche Belastung des Stimmbandnerven in Echtzeit hören und entsprechend handeln. Nur wenige Kliniken in Deutschland haben die nötige Expertise, dieses Monitoring auch einzusetzen.“

Bei den Autoimmunerkrankungen Hashimoto oder Morbus Basedow, mit denen eine Überfunktion der Schilddrüse einher geht, oder beim gegenteiligen Fall einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion) tritt der Chirurg mit seinem Team erst dann auf den Plan, wenn der Über- oder Unterfunktion nicht mit medikamentöser Therapie beizukommen ist.

Die Herangehensweise bei Schilddrüsenproblemen ist also so individuell wie die Patientin oder der Patient selbst. Wichtig ist den Klinik-Experten dabei stets die fachlich gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den behandelnden Hausärzten und den niedergelassenen Fachärzten. „Denn mit diesem Bündnis haben wir die besten Chancen, um in jedem einzelnen Fall eine nachhaltige Heilung zu erzielen.“

Kontakt zur Viszeralchirurgie der Klinik Schorndorf
In der Rems-Murr-Klinik Schorndorf erreichen Sie die Allgemein- und Viszeralchirurgie über die Telefonnummer der Zentralen Sprechstunde, 07181-672222. Termine für die Privatsprechstunde können Sie über das Sekretariat unter Tel. 07181-671263 vereinbaren. Kontakt zur Fachklinik erhalten Sie außerdem unter viszeralchirurgie.schorndorf@rems-murr-kliniken.de, Informationen zum Fachgebiet unter https://www.rems-murr-kliniken.de/medizin/schorndorf/allgemein-viszeralchirurgie.html